Tollkühne Wagnis

Meine Realität ist anders. Fabelhaft und außerhalb der Norm erscheint ihr der Himmel strahlend blau und die Wolken verzückend trüb. Wie sie hinüberziehen, eifrig, fasziniert und besessen von ihrem Treiben. Diese Realität ist erfüllt von Rhythmus und Melodie, sie summt und schwingt, Harmonie ist ihr elementarstes Verlangen, fundamental und beständig ist ihr Glück. In ihr bildet die Freude den o Ton und die Fußnote.

Reinheit und wohlwollendes Wachstum gebären sie in beständigen Wogen. Schwemmen als schäumende Wellen aus dem Meer an ein Land des Lernens. Hier zählt nur dein Innerstes und das was davon übrig bleibt wenn man all die überflüssigen Schichten abschält. Geboren in Einheit tanzen die kollidierte Ordnung und ich einander gegenüber in Hingabe und Liebkosung. Du bist frei und ich bin es auch, denn deine Vergangenheit und Zukunft bilden ein endloses Netz aus ewigen geboren werden.

Wir sprechen dieselbe Sprache, haben dieselben Ohren, eine solche der Musik und des Tanzes. Wir verbinden, begegnen einander, eine Liebe die alles erfüllt. Die Flucht vor der Furcht des Vergänglichen vor der Wissenschaft einer verjährten Rationalität. Eine Ode an unbegrenzte Fantasie und raumlose Vorstellung. Wir sind keine Kinder der Traurigkeit, keine des Verdrusses, wir sind Kinder der Sonne, des Windes und dem horizontlosen Meer. Dem Leid gibt man keine Tilgung, denn wir kennen seine Wahrhaftigkeit und sprengen sie mit dem eigenen Erleben und einer unvorstellbaren Entartung ihresgleichen. Wir verschlingen die Furcht vor dem Unbekannten, empfangen den Geruch von verbrannter Erde. Wir sind Kinder der Einheit, geprägt von sinnlicher Wahrnehmung. Sie beschriebt nur annähernd, was wir in unserem Herzen tragen. Wir singen die Hymne der Unendlichkeit, ihre Tonfolge der Inbrunst, ungehalten und ungestüm. Wir zerstückeln zusammen das Getrenntsein hin zu einheitlicher Existenz, hin zu seinen minimalsten Bestandteilen.

Wir vereinen und verbinden, bis etwaiges gebildet ist: unser selbst. Der Einklang mit uns und der selbigen Resonanz. Du hörst die Musik nicht mehr länger, du spürst sie. Jeder Ton bildet das Gegenstück zu deinem jähen Dasein. Das Tauchen in grenzenlose Tiefen. Wohin treiben wir im Fluss dieser ungestümen Wogen? Ich bin um so viel drüber, so furchtbar betrunken, so berauscht, so endlos entzückt, ergriffen und vernarrt. Rasend besessen von dieser bezaubernden Art des Ausdrucks. Bereit auf das Unsagbare, überschwemmt vom Meer aus Vielfalt und Dimension. Ich bin weder krank noch gesund, ein gleichbleibender Zustand währender Akzeptanz des Unabänderlichen. Das gefährliche an mir ist, dass ich im Gegensatz zu dir nichts mehr zu verlieren habe. Schon vor so langer Zeit ließ ich los, ließ es geschehen, gab mich dessen hin was jeher eine unbekannte Konstante bildete. Arbeitete mit ihr zusammen hin zur Gefühllosigkeit und wieder zurück zu hemmungslosen Emotionen.

Nur wenige Menschen wissen es in die Abgründe dieser fantastischen Realität hinabzusteigen, sie zu überwinden und als unbesiegbare Instanz zurück ins Leben zu finden. Erst das schwelgen im eigenen Schmerz, das laben von ihm lässt dich zu etwas werden, was zu begreifen nur jenen möglich ist, deren Seele in den Abgrund stieg. Wenn du deine Nägel in die Haut krallst und sie eigens von deinem Körper schälst, dich selbst häutest bis zum Erkennen der essenziellen Lebendigkeit, welche alles übersteigt, dann bist du bereit du sehen. Überwältigt vom Erkennen musst du niemanden mehr beweisen was in dir steckt, denn du fühlst es mit jeder Faser. Die Wahrheit ist ein Teil von dir, ihr beschreitet diesen Weg gemeinsam bis zur Unkenntlichkeit. Jeder mikroskopisch kleinste Teil konnte diese eine wesentliche Information in sich manifestieren. Deine Konditionierung legt seinen Fokus längst nicht mehr an die strukturellen Züge des Außens, es manifestiert das Außen durch deinen Willen das Innerste zu formen, ihm Kontur und Detail einzuverleiben. Und so schreite ich durch die Welt mit dem Bewusstsein und der Wahrnehmung etwas, was zu beschrieben wahrhaftig ist. Einer lichten Euphorie der Absurdität, von ihrer Normalität abweichend. Den Blick geschärft für das Unmögliche, die Augen offen gegenüber dem Außergewöhnlichen.

Die Schatten durchschauend, welche die Höhle einfältig säumen. Lass Mut den Inhalt bestimmen, indem man anderen zeigt, dass der Schritt weiter möglich ist. Dass es wert ist ihn zu beschreiten. Die Gewohnheit durchbrechend, sie übersteigend. Wir bilden neue Grundsätze, um sie in jenes eng gesponnene Netz einzuspeisen, es neu zu bilden ihm eine Struktur zu geben von der niemand ahnte, dass es sie gäbe. Lass dich von mir verzaubern, lass mich dich an die Magie einer anderen Welt glauben. Lass mich dich an etwas glauben, dass gelebt werden will. Lass mich dich darin ertränken, um dir ein neues Leben zu schenken. Gemeinsam entdecken wir neue Gefilde, irren in anderen Herrlichkeiten. Gemeinsam ist unsere Realität horizontale Willkür und das Chaos ist der Ordnung Rhythmus.

Betrachtung

Wie ein Stück Papier im Wind schwebend, treibt es sanft in erratischen Stößen vor sich her. Neugierig beobachtest du das schwerelose Schauspiel, während alles um dich herum in Hast an dir vorbeizieht. Nur willkürlich fängst du die angestrengten Blicke der hetzenden Menschen ein. Jenen Menschen, den man zumeist ansieht, dass ihnen der Druck der Zeit im Nacken sitzt. Doch du bist indessen ganz still, nur dein Herz pumpt in fleißigen Schlägen das Blut durch deinen Kreislauf und deine Lunge den Sauerstoff in deine Zellen. Kein Muskel ist angespannt, alles sitzt locker an deinem Körper, der gelöst ist von allem, was um ihn herum passiert. Die schon etwas morschen Holzpaneele der Bank unter dir tragen dein Gewicht mit Kontinuität und Leichtigkeit. Hier wartet keine Verpflichtung, kein Wagnis, auch jegliches Begehren ist mittlerweile anachronistisch. Deine Wahrnehmung reduziert sich auf die Präsenz der frischen Luft und das sachte Schattenspiel der Bäume und Häuser vor dir. Wie lange Fühler strecken sie sich zu allen Seiten hin aus, streichen mit gleichmäßiger Geschwindigkeit über den Boden, dabei im Gleichschritt mit dem Lauf der Sonne über dir fortschreitend. Es ist schwer sich an irgendetwas zu erinnern, noch schwerer über etwas nachzudenken, weder über das was dich in Zukunft erwarten würde, noch über das was jemals war. Momentan existiert nur dein Geist, mit der Wahrnehmung jener sanften Brise auf deiner Haut, welche auch das Blatt Papier weiterhin in einem sachten Rhythmus schweben lässt. Kaum berühren die Ecken seiner hexagonalen Form einmal den Boden, erhebt es sich wenig später auch schon wieder in die Luft. Die Wärme auf deiner Haut wiegt dich in Sicherheit, dein Inneres selbst bettet sich darin, die Art des gänzlich Unaufgeregten genießend. Einige nur wenige Blicke bleiben auf dir haften, um doch nur schnell in reger Betriebsamkeit weiterzuziehen. Auch wenn es sich denken ließe, da ist keiner der auf dich warten würde, keine Verabredung, kein Treffen, dir jedenfalls nicht erinnerlich. Das geschlossene Schauspiel dieser plastischen Szenerie legt sich einfach wohlig um dich und deinen Geist, wie ein Schleier des Vergessens, der ewigen Sorglosigkeit, des permanenten Gewahrseins. Das Spektrum an Farben, jede einzelne Regung, all die simultan ablaufenden Begebenheiten, alles transzendiert dich mit einer harmonischen Melodie und du bist dankbar dafür gelernt zu haben, wie man zuhört. Wie ein Gefäß, welches sich sanft befüllen lässt. Bewusst über die Unausweichlichkeit jenen Punktes, an dem du ablässt und dich weiterbegibst, sobald es gänzlich voll sein würde.

Hier schreibt keiner Geschichte, kein enormes Ereignis passiert, welches im Folgenden die Klatschspalten der Presse füllen würden. Nichts abnormes, sondern vielmehr nur limitiert zusammenpresste Normalität. Im Grunde genommen passiert für die Wahrnehmung der subjektiven Realität der Vielen sehr wenig, doch für die Wahrnehmung des Einzelnen seiner substanziellen Komplexität, sehr viel. All das kann dein Geist erfassen, können deine Augen sehen. Und auch dafür bist du dankbar. Zu gerne würdest du spielerisch die Finger ausstrecken, das tänzelnde Blatt Papier auf der anderen Straßenseite berühren und dich mit ihm in die haltlose Verzückung begeben, in welcher es vor sich hin schwelgt. Keinen direkten Befehl erteilend, dich des Automatismus bedienend, welcher deine Füße erreicht und sie sich heben lässt, raffst du dich auf. Du betrachtest die schwarze konturreiche Säule vor dir, deren Gegenstück auf der anderen Straßenseite ein leuchtend rotes Symbol erscheinen lässt. Trotz der frontalen Einstrahlung der Sonne, ist das Zeichen kräftig und deutlich erkennbar. Lässig setzt du deinen Fuß, einen vor den anderen, auf den warmen Asphalt vor dir. Deine Ohren vernehmen zwar die sich verändernde tosende Atmosphäre, die plötzlich heftigen Reaktionen, den Geruch von verbrannten Gummi, doch nichts davon berührt deinen Geist wahrhaftig. Du gleitest weiter in die Materie aus Dualität, währenddessen sich die Zeit bis ins Unendliche zu dehnen scheint. Nichts passiert ganz schnell oder überraschend, du kannst jede Einzelheit der sich ändernden Punkte dieser Gegenwartskonstruktion wahrnehmen und aktiv durch dein Bewusstsein strömen lassen. Das Blatt Papier auf der anderen Seite fokussierend, vernimmst du die leichten Lichtschimmer, welche sich in perlmuttfarbenen Reflexen auf dem diaphanen Papier zu spiegeln scheinen. Bereit dein Herz zu öffnen um die Vielzahl an Farben in dir zu erfassen, lässt du deinen Geist noch ruhiger werden. Immer tiefer fallend in diese reine Quelle der Wahrnehmung, während alles um dich herum hohl und stumpf zusammenklebt. Den Schmerz gar nicht wirklich spürend, streckst du immer noch deine Finger aus in der Hoffnung es endlich berühren zu können. Und tatsächlich streifen deine Kuppen sacht über die glatte Oberfläche des Hexagons. Eine Berührung so hauchzart, dass du dir nicht mehr sicher bist, ob sie wirklich real ist. Doch das Prickeln auf deiner Haut verrät dir die Wahrheit. Wie flüssiger Bernstein überstülpt sich deine Haut mit feuchter Wärme, die Sonne über dir ist rückt ein Stück weiter, ihrem sich wiederholenden Zyklus folgend. Träge zieht sie die Schatten weiter mit sich. Der Geschmack von bitteren Metall benetzt deine Zunge, deine Wahrnehmung flackert, alles ist noch immer von weicher Watte umhüllt. Ferner ist da nach wie vor kein Gedanke, keine Ahnung von einer möglichen Zukunft oder dem Vergangenen. Die vom Asphalt abgestrahlte angenehme Wärme spürend, welche sich über deine gesamte untere Körperhälfte hinweg ausbreitet, liegst du in völliger Reglosigkeit da. Etwas oder jemand packt dich, entzieht dich jener Geborgenheit die du bis eben so herzlich willkommen hießt. Doch du lässt es geschehen, weil alles nur kontinuierlich unaufhörlich und unabdingbar geschieht. Es wird nicht mehr oder weniger geben als das Jetzige und darin findest du diese ewige Liebkosung einer so fiktiven Realität, welcher du jeher so ergeben gegenüberstandest und auch immer gegenüber gestellt sein wirst.

Der Brand

Es brennt in dir, verschlingt das Fundament, verzehrt alles ihm im Wege stehende, bricht jeglichen Widerstand und jagt dich wild. Tosend wallt es an den Mauern und überwindet dabei jede Grenze: das frenetische Feuer. Die Hitze entzweit das Innerste, kappt die Verbindungen und lässt es langsam verglühen. Sich ergötzend verzehrt es sukzessive deine Substanz.

Unter der sengenden Hitze bersten die Balken allmählich, knacken gefährlich, bis sie schließlich nachgeben und zertrümmern. Rauch verschlingt die lebensnotwendigsten Bestandteile der dünnsten Kapillaren deiner Lunge, sie flehen nach so existenziellen Sauerstoff. Du willst, doch kannst ihnen nicht geben, wonach sie verlangen, bist starr und mechanisch.

Pass auf, sieh zu dass du entkommst, doch deine Beine protestieren, sind schwer und schleppend, sie tragen dich nicht länger. Die Kontrolle verlierend, verschleiert deine Sicht, bis hin zur absoluten Unkenntlichkeit. Jeder deiner Sinne überreizt von den Extremen und der Kopf nicht mehr befähigt einen neuen Gedanken zu fassen. Unablässig und erbarmungslos wütet derweil ein tosend zermürbendes Feuer. Rücksichtslos nimmt es sich alles, was sich ihm in den Weg stellt. Das ist nicht länger mehr dein Zuhause hier, es ist die Ruine all dessen von dem du glaubtest es sei wahrhaftig und real. Die Bedingungen haben sich längst verändert, doch du bist stehen geblieben, als es eigentlich hieß mitzuziehen. Stille und Schweigen, das war das eigentliche Metronom jener Zeit, welches den so stetig monotonen Takt angab. Du warst so still, bist es noch, all die Farben verschwunden, die Nuancen eindimensional. Dabei brennt es doch überall, vernichtet alles so unaufhaltsam und beständig. Doch du bist tatenlos, vielleicht nicht willens genug etwas dagegen zu tun. Doch letztendlich fehlt es dir an einem probaten Mittel das Feuer endlich zu zähmen. Wie willst du dagegen ankämpfen, keine Hilfe von Außen, niemand der da ist, keiner den du rufen könntest, zerreißende Stille die dich nicht hört. Wie lange würde es wohl dauern, bis alles von einer Endgültigkeit zeugt, einer jenen die alles determiniert.

Hilflosigkeit und Ohnmacht befühlen deinen Kopf legen sich auf deine Hirnhaut wie ein dünnes Tuch und unterdrücken jeglichen Fluchtinstinkt. Du bist benebelt, kannst nur noch zusehen wie alles zerfällt. Es fühlt sich an wie das Ende einer Ära, es ist das Ende deiner Selbst. Du weißt nicht was danach kommen wird, du kannst nur schweigend beobachten. Der Himmel über dir ist bedeckt und grau, woanders klar und blau. Du erkennst es nicht im Dickicht der tosenden Flammen, aber du weißt dass es einen Ort gibt, an dem das Moos saftig feucht und grün ist. Du erinnerst dich daran, greifst diesen Gedanken auf und lässt ihn lebendig werden, der in sich durchnässte Boden, der trübe Dunst, der deine Haut feucht benetzt und plötzlich spürst du die Verbindung zu deinen Füßen, erlangst die Kontrolle zurück und machst einen schleppenden Schritt nach vorn. Einstweilen spürst du statt drückender Hitze klare und alles belebende Humidität. Deine Lungen ringen um einen Atemzug und das was sie erhaschen, entzieht dir das Gleichgewicht. Die Luft die du atmest ist von überwältigender Klarheit, so rein und frisch. Als bestünde sie aus ihren ursprünglichsten Komponenten. Sie bringt die so ersehnte Erlösung für dein Atemapperat, glätten die zum zerreißen gespannte Oberfläche, bringt dir den Glauben an Heilung. Deine Augen tränen vor Erleichterung, so zart und behutsam bettet die Atmosphäre deine Existenz. Dein Kopf dröhnt, die Lider reiben über den Glaskörper, dein Körper ist schwer und ermattet. Vor dir erstreckt sich kein Anblick der Zerstörung mehr, die Flammen sind verschwunden, kein Rauch mehr da, der auf die Lunge drückt. Nein alles ist gereinigt, sauber und nackt in seinem elementarsten Dasein. Du fühlstdich geklärt und gesäubert, eine Last entfällt. Grenzenlose Leichtigkeit entfaltet sich in dir. Mit dem Blick nach hinten, erkennst du die Asche, Überreste aus einer vergangenen Zeit, erratisch sprühen noch hier und da Funken. Die Welt liegt im Grau, zu viel wurde dir entrissen. Doch du lebst, jede Zelle in dir atmet und ist bestrebt zu arbeiten. Sie werden regenerieren, der Umbruch ist vorbei, die Neuerungen beginnen beständig. Du erhebst dich, so wie die Natur um dich herum sich erhebt, du erkennst ihr Potential welches mit deinem korreliert. Du findest Frieden, die Extreme sind vorüber, die unbarmherzige Sterilität ist abgebrannt, das Gleichgewicht ist hergestellt. Es bleibt nichts mehr ohne From, jede Komponente bekennt ihren Wert, der Horizont ist weiter als er jemals zuvor war. Zerstörung beinhaltet Neuerung, der Tanz mit ihr ist vorrüber. Alles Destruktive wurde ausgemerzt, übrig bleibt die nüchterne Wirklichkeit in reinster Ausprägung.